Im Sommer 24 wurde die 4. Staffel von The Chosen veröffentlicht. In Episode 3 wurde eine Szene eingebaut, die im Evangelium nicht vorkommt. Es geht um Leid und darum, dass Gott scheinbar nichts tut. Für viele Menschen ein wichtiges Thema. Die Darstellung in The Chosen hat mich sehr beschäftigt und daraus sind folgende Gedanken entstanden.
Lukas Furch (Leiter des deutschen „The Chosen“-Teams) sagte am Ende des Live-Streams zu Folge 3: „Diese Episode sollte uns nicht unberührt lassen.“
Jeder, der in seinem Leben schweres Leid erfahren hat und vergeblich auf die Hilfe und das Eingreifen Jesu gehofft hat, wird sich viele Gedanken machen. Die Frage nach dem Warum drängt sich auf. Aber man wird keine Antwort auf dieses Warum bekommen. Eher wird man verzweifeln, vielleicht sogar die Hoffnung verlieren. Die Enttäuschung über Gott – weil Er nichts getan hat, obwohl ich ihn inständig, verzweifelt und voller Glauben darum gebeten habe – erzeugt neuen Schmerz und neue Enttäuschung. Es entsteht der Eindruck, dass das Böse mächtiger ist als Gott. Es liegt nahe, mich von Ihm abzuwenden und den Kontakt zu Jesus zu verlieren. Die negativen Gefühle und Gedanken können so stark werden, dass ich sogar Gefahr laufe, meinen Glauben zu verlieren. Ich kann verstehen, dass Dallas Jenkins (Regisseur und Drehbuchautor) dieses Thema in die Serie einbringen wollte. Es poppte schon bei Simon mit Edens Fehlgeburt auf, und jetzt so richtig in Episode 3.
Was wird sein, wenn es Jesus selbst trifft? Wenn Er unermessliches Leid ertragen muss? Ich mag mir diese Situation nicht vorstellen, wie sie in der Serie dargestellt werden wird. Ich sehe die Gefahr, dass unser Glaube, unser Gottesbild zutiefst erschüttert wird. Nun kann man einwenden, wir wissen doch alle, dass der Tod Jesu nicht das Ende war. Aber Verzweiflung und Not trüben den Verstand, können ihn ausschalten und uns blind machen. Beides hat die Macht, uns am Leiden zugrunde gehen zu lassen. Deshalb ist es so wichtig, dass unser Glaube gerade durch die Prüfungen, die uns das Leben auferlegt, gefestigt wird. Und das sieht man in The Chosen an der Person des Simon Petrus. Eine wichtige Szene ist für mich Minute 24:01 [Youtube Link], wo er sagt „Jesus hat zugelassen, was mit Eden passierte, aus Gründen, die ich damals nicht verstand. Ich werde sie wahrscheinlich nie verstehen. Aber ich weiß, die Verzweiflung trieb mich zu Ihm.“ und 24:41 [Youtube Link] „Lasst uns das einfach Tag für Tag bewältigen, ja? … Wenn wir etwas nicht verstehen, dann können wir Jesus für sich selbst sprechen lassen. … Und mit der Zeit werden wir vielleicht die Weisheit hinter all dem erkennen.“ „Jesus für sich selbst sprechen lassen“ bedeutet für mich zu fragen: Wo warst Du? Wozu hast Du das zugelassen? Was kann ich daraus lernen?
So gut und so wichtig, wie Petrus nun den Glauben seiner Freunde stärken kann.
Der Mensch – ich – habe immer diese Wahl: Gehe ich von Jesus weg oder gehe ich auf Ihn zu? Gerade auch im Leid, wenn alles trocken ist und die schönen Gefühle weg sind. Letzteres wird mich zum Leben führen, denn Er ist das Leben. Und für Letzteres bekomme ich Kraft, wenn ich auf Jesus selbst schaue, wie Er am Kreuz hing und Psalm 22 betete. Er hat Seine Not in Worte gefasst, ist mit Seinem Vater verbunden geblieben und so durch das Leiden zur Erlösung gekommen. Bonhoeffer hat einmal gesagt: „Das Leiden muss getragen werden, damit es vorübergeht.“ Das schreibt jetzt jemand mit dem Verstand. Mein Gefühl sagt mir etwas anderes, und mein Stolz scheint mir oft im Weg zu stehen …
Was wir hier sehen, ist die höhere Mathematik des Glaubens. Die Zeit, in der wir Milch zu trinken bekamen, ist vorbei, es gibt feste Nahrung. Ich habe lange gebraucht, um das alles zu verdauen, und ich bin immer noch nicht fertig …
Michael Hochmuth